Montag, 8. September 2014

Tschacke-Gretel und Hänsel-Kevin

Ja, kennt Ihr sicher Alle, das Märchen von Hänsel und Gretel. Muss ich nicht nacherzählen. Ist wieder so ´ne Geschichte über Gut & Böse. Behaupten die, dass der Vater die Kinder auf Wunsch der Mutter aussetzt, damit die Eltern genug zu essen haben. Und dass die Kinder dann eine böse Hexe im Wald kennenlernen, die den Hänsel essen will.

Wo gibt´s denn so was? Kann sich der Kevin nicht vorstellen, dass Leute so was mit anderen Leuten tun.

Also, hier das Märchen, wie es sich gehört. Sagen die Leute ja so: „Wie es sich gehört.“ Also so, wie du das gerne hören möchtest – es sich eben gehört.



Also, die Tschacke-Gretel und der Hänsel-Kevin wohnen mit ihren armen Eltern im Wald und alle haben nicht genug zu essen. Da hat der Hänsel-Kevin eine Idee und sagt zu seiner Schwester: „Du, wenn die Eltern immer so hungrig sind, damit wir genug zu essen haben. Lass uns doch in den Wald gehen, für die Eltern was zu essen suchen.“ Fand die Tschacke-Gretel ´ne tolle Idee. Also, gesagt, getan. Schwubs sind die beiden los in den Wald. Essen suchen.

Ja, und wie das Leben so spielt, verlaufen sie sich sofort.

Hat die Tschacke-Gretel zwar Brotkrumen aus-gestreut, damit sie den Weg zurückfinden. Hat aber nicht funktioniert.

Ist der Hänsel-Kevin nämlich sofort losgestürmt, hinter ´nem Schmetterling her. Und als er auf den Weg zurückkam, hat er Brotkrümel gefunden und sofort aufgegessen. Bevor die schlecht werden. Und am Ende der Krümel hat er dann seine Schwester gefunden. War also doch gut für was.

Auf jeden Fall, waren die beiden verloren. Im tiefen, dunklen Wald. Aber nach ´ner Weile duftete es plötzlich ganz wunderbar im Wald. Nach Lebkuchen, Zuckerwerk und so. Ist dem Hänsel-Kevin das Wasser im Mund zusammen-gelaufen.

Ist er sofort wieder losgestürmt, mitten in eine Lichtung hinein. Und mitten auf der Lichtung stand da ein ganz tolles Häuschen, gebaut aus Lebkuchen, Zuckerstangen und lauter leckeren Sachen.

Und wie der Hänsel-Kevin noch überlegt, womit er zu knabbern anfangen soll, ist die Tschacke-Gretel bei ihm und hält ihn fest: „Du, da soll eine böse Hexe wohnen, die kleine Kinder frisst. Lass uns schnell weglaufen.“

Hat der Hänsel-Kevin zur Tschacke-Gretel gesagt: „Wer so ein schönes Haus hat, der muss doch keine Kinder essen.“ Hat die Tschacke-Gretel geantwortet: „Du fällst aber auch auf jeden Werbetrick rein.“ „Und du glaubst jeden Unsinn, den die Leute so vor sich hin plaudern.“ Und fast hätten die beiden sich gestritten. Hunger macht halt schlechte Laune.

Und wie es halt die Art vom Hänsel-Kevin ist, ist er beherzt auf das Häuschen zu, hat sich ein Stück Lebkuchen stibitzt und angeklopft. Kommt von drinnen eine Stimme: „Knusper, knusper, kneischen! Wer knuspert mir am Häuschen?“

Hat der Hänsel-Kevin geantwortet: „Kein Wind, kein Wind, ein hungriges Kind!“

Kam ´ne ziemlich verdutzte Hexe aus dem Häuschen. Ja, war die sozusagen aus-dem-Häuschen bei so viel Ehrlichkeit. Und war erst einmal sprachlos.

Hat der Hänsel-Kevin sofort die Gelegenheit genutzt und sich gedacht, bringen wir die Geschichte doch erst einmal ins Lot. „Du, Tante Hexe, wollen wir es mal anders probieren? Willst du uns nicht erzählen, warum du bei so viel leckeren Sachen an deinem Haus angeblich kleine Kinder frisst?“

War die Hexe noch mehr aus-dem-Häuschen, bei so viel unverblümter Ansprache.

Sagen die Leute ja so – unverblümt. Ja, wenn du die Sachen direkt ansprichst und nicht erst Blümchen drum rum malst, damit was Unangenehmes wenigstens schön aussieht. Aber Blümelche machen´s ja nicht angenehmer.

Auf jeden Fall, ist sie einen Schritt auf den Hänsel-Kevin und seine Schwester zu – eben noch mehr aus-dem-Häuschen – und hat ganz aufgebracht gerufen: „Was fällt die ein, du unverschämter Kerl?!“

Ja, so was kann passieren, wenn du unverblümt bist. Bringt dich aber weiter als all das Blümchen malen.

Hat der Hänsel-Kevin geantwortet: „Ja stimmt das denn nicht, dass die Leute behaupten, dass du kleine Kinder frisst?“

Hat die Hexe plötzlich angefangen zu weinen und zu schluchzen, ganz heftig. Ja, jetzt war die ganz-außer-sich. Hat halt ihre Gefühle gezeigt. Draußen vor dem Häuschen. Hat der Hänsel-Kevin die Tante Hexe in den Arm genommen und gesagt: „So schlimm.“

Und nach ´ner Weile, als die Hexe wieder bei sich war, sind die drei erst einmal ins Häuschen. Und da gab´s dann Lebkuchen mit heißer Schokolade, bis zum abwinken.

Und als die Tschacke-Gretel dann gewunken hat, dass sie nicht mehr kann und der Hänsel-Kevin auch, hat die Tante Hexe dann erzählt.

Wie traurig und einsam sie ist, seitdem das Gerücht aufgekommen ist, dass sie kleine Kinder frisst. Und dass sie so was nie tun würde, nicht im Leben. Und dass seitdem sie niemand mehr besuchen kommt.

Und das nur, weil sie einen „Immer-satt-Anstrich“ für die Häuser von nimmer satten Kindern erfunden hat und den verschenken wollte.

Aber das passte den Lebensmittel-Konzern-Herren nicht in den Kram. Und so haben die eine Kampagne gestartet – vertraut keinen fremden, Kinder fressenden Hexen. Esst lieber unsere Schokoriegel.

Waren die beiden ganz schön erstaunt. Über so viel Gemeinheit und so miese Tricks in der Lebensmittel Werbung.

Haben die drei dann einen Plan geschmiedet. Hat die Tante Hexe den beiden das Rezept verraten und gleich einen großen Eimer mit Immer-Satt-Farbe gegeben.

Sind die dann durch die Dörfer gelaufen, haben die Häuser der armen Leute damit angemalt und einen schönen Gruß von der Tante Hexe hinterlassen. Und dass die sich über Besuch freut.

Ja und wenn sie nicht gestorben sind, dann knabbern alle an ihren Häusern, wenn sie mal hungrig sind. Der Lebkuchen wächst nämlich nach. Und das Ausflugslokal „Zum Knusperhäuschen“ im tiefen Wald ist immer noch das beliebteste Ausflugsziel der ganzen Gegend.

Ja, so was kommt davon, wenn du nicht gleich jeden Unsinn glaubst, den die Werbung erzählt.

Aber weil Lebkuchen nicht nur satt macht, sondern die Häuser auch noch warm hält, arbeiten jetzt die Lebensmittel-Konzern-Herren zusammen mit den Farben-Konzern-Herren schon wieder an einer neuen Kampagne. Gegen das unerlaubte anmalen von fremden Häusern. Hat irgendwas mit Graffiti zu tun.

Ist aber ein anderes Märchen.

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